Trendwatch: Berlin Style! Come as you are.
Berlin, Berlin! Ein Mekka für kreative Köpfe und für scheinbar unbegrenzte Mode-Möglichkeiten – die Hauptstadt der Veränderung mischt historische Bedeutsamkeit mit Plattenbauten, Grünanlagen und Luxusmeilen und ist Spielwiese für Lebenslustige und Zukunftsvisionen. In jedem Fall erfindet sie sich kontinuierlich neu. Nirgendwo ist der Kontrast aus alt und visionär so stark wahrnehmbar. Mit ihrer frischen Perspektive auf das urbane Leben steht sie für Wandlungsfähigkeit und spielt mit der Entdeckungsfreude jedes Einzelnen. Das zeigt sich an der offensichtlichen Vielfalt an Lebensstilen, welche Berlin heute so einzigartig macht. Punks, Elektrofreaks und Travestiekünstler, Hipster, Ur-Berliner oder Rich Kids – hier darf jeder so sein, wie er will.
Von dieser Freiheit und Diversität profitiert auch die Fashionszene: Der sog. Berlin Style ist sprichwörtlich – das geflügelte Wort bezeichnet den Hype um einen gewissen Look. Doch so ein richtiges Bild vom Berliner Style scheint es nicht zu geben. Wie genau sieht dieser aus? Was macht den Look so besonders? Für euch gehe ich dem trendigen und kultigen Berlin Style auf den Grund.
„Wat kiekst’n so?“ – urban, zurückhaltend, ohne viel Tam Tam
Wenn man auf einen Streifzug durch den Bergmannkiez in Kreuzberg oder in einem der unprätentiöseren Kiezcafés in Prenzlauer Berg unterwegs ist, fällt auf den ersten Blick vor allem eines auf: Die Streetstyles wirken insgesamt sehr minimalistisch. Man sieht viel weniger bunte Farben oder Muster als zum Beispiel in München auf den Flaniermeilen. Und viel weniger Teile, die man von den Stangen der großen Ketten für die jeweilige Saison kennt.
Ganz offensichtlich profitiert der Berliner Stil davon, dass hier viele Einflüsse zusammentreffen. Instinktiv – so mein Eindruck – pickt die fashionaffine Berlinerin aus dem internationalen Modegeschehen einzelne Teile heraus, kombiniert sie mit Basics oder Vintage-Lieblingen und kreiert damit den typischen Anti-Chic.
Too cool for school – nicht zu perfekt und fashy stylen
Berlin ist sehr offen für Neues – auch in Sachen Mode. Nicht umsonst wird Berlin mittlerweile in einem Atemzug mit anderen Modemetropolen genannt, wie zum Beispiel New York, Paris und Mailand. Die Berlin Fashion Week ist eine echte Hausnummer. Dabei ist Berlin aber irgendwie trotzdem keine klassische Modestadt. Interessant ist, dass sich Berlin oft rechtfertigen muss, warum es nicht so glamourös, stylish und edel wie Paris, New York oder München ist. Woran liegt das?
Ich habe das Gefühl, dass die Definition von Stil und Charme einfach eine andere ist. Dass es häufiger darum geht, einen entspannten Eindruck zu machen und vor allem, dass Frau gern experimentiert und sich weniger an den klassischen Fashion-Rules aus Hochglanzmagazinen orientiert. Eine Portion „unperfekt“ oder „ungeplant“ gehört zum Non-Plus-Utra. Verpönt sind aalglatte, zusammengekaufte Looks mit Designertaschen und edlen Accessoires – bei denen die Idee, also irgendwie die persönliche Not sowie das Eigene fehlen. Will man es kritisch sehen, sind das für eine Stadt, die viel auf freiheitliche Lebenskultur hält, wiederum ganz schön einschränkende Sichtweisen. Denn es gibt ja klare No-Go’s. Aber ich gebe offen zu, ich liebe den Berlin-Style. Und lass mich bei jedem Berlin-Besuch immer wieder gern von den Streetstyles inspirieren. Die Looks kommen cooler, unangepasster, mutiger und oft auch sehr originell rüber – ich würde sagen: Stilvolle Lässigkeit mit Liebe zum Detail.
Laisser-faire à la Berlin – 5 Tipps für euren Berlin Style
Das Rezept: Viele Basics, noch mehr Unisex, weniger ist mehr und unnachahmliche Individualität durch Vintage-Teile oder Shabby Chic – garniert mit einer Portion beiläufiger Nachlässigkeit.
Unisex
Eine Kombination sieht man häufig – vor allem bei jüngeren Frauen: Skinny Jeans, ein Oversize-Top und flache Schnürer oder Sneakers. Viele spielen mit unterschiedlichen Schnitten: Weite Kleider, bequeme Hosen und oversized Pullis prägen das Bild. Oft verschwimmen die Grenzen zwischen Weiblich und Männlich, was wiederum spannende Kontraste schafft. Passen zu Berlin eben. Aber auch schlichte Minis zu flachen Boots laufen einem häufiger über den Weg. Ganz zu schweigen vom Unisex-Turnbeutel als Handtasche.
Mehr Basics. Mehr Schwarz.
Black is beautiful. In Berlin ist Schwarz ein Dauerbrenner – und nicht nur im Berghain. Auf Schwarz bauen viele Looks auf. Ein Midi-Rock in Schwarz zu einem Schlapphut à la Seventies mit beiger Seidenbluse zu schwarzen Schnürern – das ist Berlin-Style. Oder ihr wählt die obligatorische Röhrenjeans, weil sie so wunderbar schlicht ist – mit High Heels und schmucklosem schwarzen Träger-Top oder Smokingbluse perfekt für das Night-out. Tagsüber ein schlichtes, schwarzes Kleid mit Sandalen ausführen.
Shabby Chic, Vintage-Liebe und ein bisschen Trash
Imperfect is the new perfect: Egal, was ihr kauft – jedes noch so teure Designer-Teil wird ein wenig auf Nachlässigkeit getrimmt. Dazu eignet sich zum Beispiel eine leicht abgenutzte Ledertasche aus dem Familienfundus oder aus dem Secondhand-Shop. Überhaupt ist Vintage ein großes Thema: Ein Hemdblusenkleid aus dem Vintage-Laden um die Ecke zu Mary Janes zitiert die 50er und 60er Jahre. Dazu gehört der passende Lippenstift. Aber auch romantische Details wie Söckchen oder Millefleurs in Kombination mit Dots sind en vogue. Und ab und zu darf es ruhig trashig werden – dann kommen Glamrock-Leomuster und Hip-Hop-Accessoires zum Einsatz. Da darf es dann auch mal bunter werden.
Flache Schuhe oder Vintage-Pumps
Ganz oben auf der Liste – neben Sneakers versteht sich – sind flache Schnürer, Loafers und Boots. Vielleicht liegt das an den großen Entfernungen sowie den teilweise weiten Fußwegen in der Hauptstadt – ich glaube aber, dass das einfach gut zum Verständnis von Cool passt. Vintage-Pumps gelten wiederum als individuell und eben nicht mainstreamig – deswegen sind sie auch gern gesehene Begleiter.
Weniger ist mehr.
Durch meine Münchner Fashionbrille betrachtet, finde ich die Looks in Berlin im Vergleich sehr basic. Man sieht mehr schlichte Teile, als die neuesten fancy Prints mit plakativen XXL-Blumen. Zwischendrin gibt es schöne Investment Pieces, die absichtlich unabsichtlich kombiniert werden. Man könnte fast glauben, die Frauen haben morgens zufällig ein paar Teile aus dem Schrank gefischt – und daraus entsteht dann ein experimenteller, aber sehr stimmiger und kreativer Gesamtlook aus Vintage-Shirt, Jeans, coolem Mantel, Sneakers und Retro-Bag.
Ich bin ganz verliebt in den Berlin Style – auch, wenn es nicht so einfach ist, „den Ton zu treffen“. Wie findet ihr den Berlin Style? Habt ihr den Look drauf? Oder favorisiert ihr eine andere Modehauptstadt in Deutschland? Sagt es mir gern in den Kommentaren!